Der Bindestrich (Der Bindestrich), Lektion, Seite 722886
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Stefan Ram

Der Bindestrich

Dieser Text beschäftigt sich nach einigen einführenden Absätzen mit der Frage, wann Bindestriche in Komposita verwendet werden sollten.

Begriffe

Unter einem Wortzeichen  wollen wir in diesem Text einen Buchstaben oder einen Bindestrich verstehen.

Ein Wort  soll hier eine Folge direkt aufeinanderfolgender Wortzeichen sein, wenn direkt vor und direkt hinter ihr kein weiteres Wortzeichen steht.

Eine Nominalphrase  soll hier ein Wort oder eine Folge mehrerer durch Leerzeichen getrennter, aber ansonsten direkt hintereinander geschriebener Wörter sein, welche in einem Satze als Subjekt stehen könnte.

Komposita

Obwohl Komposita auch aus mehr als zwei Konstituenten gebildet werden können, beschränken wir uns hier zur Vereinfachung zunächst auf den Fall zweier Substantive. In diesem Sinne ist ein Kompositum eine Verbindung zweier Substantive zu einer Nominalphrase, bei welcher die Verbindung entweder durch direkte Hintereinanderschreibung ohne Leerzeichen oder durch Verbindung mit einem Bindestrich erfolgt. Dabei können aber noch Fugenbuchstaben an der Wortfuge eingefügt werden. Die direkte Hintereinanderschreibung ist der Normalfall. In speziellen Fällen, die weiter unten behandelt werden, wird ein Bindestrich verwendet.

Beispiele

„Versandtasche“ (aus „Versand“ und „Tasche“)

Weiter unten werden wir dann in Einzelfällen auch Kompositionen anderer Wortarten und Kompositionen von mehr als zwei Konstituenten betrachten.

Restriktive Appositionen

Obwohl restriktive Appositionen auch aus mehr als zwei Konstituenten gebildet werden können beschränken wir uns hier zur Vereinfachung zunächst auf den Fall zweier Konstituenten. In diesem Sinne ist eine restriktive Apposition eine Verbindung zweier Substantive zu einer Nominalphrase, die durch Hintereinanderschreibung erfolgt, wenn diese Hintereinanderschreibung so erfolgt, daß die beiden Konstituenten zwei Wörter bleiben, also durch ein Leerzeichen getrennt, und nicht durch einen Bindestrich oder direkte Hintereinanderschreibung miteinander verbunden werden.

Beispiele

„Rathaus Schöneberg“ (aus „Rathaus“ und „Schöneberg“)

Für die restriktive Apposition ist auch die Bezeichnung „enge Apposition“ üblich. Da wir im folgenden andere Formen der Apposition nicht behandeln, werden wir sie ab jetzt auch einfach nur als „Apposition“ bezeichnen.

(Da bei Appositionen nie Fugenbuchstaben eingefügt werden, helfen Fugenbuchstaben bei Kompositionen den Unterschied zu einer Apposition hörbar zu machen.)

Unterscheidung zwischen Komposita und Appositionen

Bei Komposita und Appositionen wird die Bedeutung eines Grundwortes oft durch ein Bestimmungswort näher bestimmt oder eingegrenzt. Bei der Komposition steht das Grundwort am Ende, bei der Apposition am Anfang.

Eine „Versandtasche“ ist eine Tasche (Grundwort) zum Versand (Bestimmung).

Das „Rathaus Schöneberg“ ist das Rathaus (Grundwort) von Schöneberg (Bestimmung).

Dieser Text hier behandelt nun die Frage, wann eine Komposition und wann eine Apposition gewählt wird, nicht weiter, sondern beschäftigt sich ab jetzt nur noch mit den Komposita. Also mit den Verbindungen zweier Substantive, bei welchen das Grundwort am Ende steht.

Falsche Leerzeichen

Im Sprachgebrauch findet man auch falsche Leerzeichen in Komposita. Beispielsweise in der Schreibweise »Leibniz Universität«. Hierbei handelt es sich vielleicht um Fehler, die durch Übernahme aus dem Englischen entstehen, wo solch eine Art der Verbindung möglich ist. Es gibt aber auch Belege dafür, daß sie auch im Deutschen vorkam, als die deutsche Sprache noch weniger einheitlich geregelt war. Es ist auch möglich, daß der Verwender fälschlicherweise die Getrenntschreibung von den Appositionen übernommen hat.

Wir behandeln dieses Thema nicht weiter, denn in diesem Text soll es nun hauptsächlich darum gehen, wann die beiden Konstituenten eines Kompositums direkt hintereinandergeschrieben und wann sie mit einem Bindestrich getrennt werden sollten.

Bindestriche in Komposita

Komposita werden normalerweise durch direkte Hintereinanderschreibung zweier Substantive gebildet. In einigen Fällen ist es jedoch besser, sie durch einen Bindestrich zu trennen. Eine Trennung durch ein Leerzeichen scheidet bei Komposita aus.

Wir nennen nun im folgenden einige Fälle, bei denen ein Bindestrich empfehlenswert ist.

Grenzfuge zweier Textarten

Wir schreiben innerhalb eines Kompositums einen Bindestrich anstelle des Nullzeichens (anstelle keines Zeichens) an der Grenzfuge gewisser unterschiedlicher Textarten.

Grenzfuge zweier Ausspracheregeln oder Sprachen

„Software-Bestellung“. („Software“ wird nach anderen Regeln ausgesprochen als „Bestellung“.)

„Web-Seite“ (im Gegensatz zum „Webstuhl“).

Hier wird aber direkt hintereinandergeschrieben, wenn das Wort im Deutschen schon sehr etabliert ist, wie etwa bei „Spionage“: „Spionagesatellit“

Grenzfuge zu Namen

„der Mayer-Hype“ (Personenname)

„eine Deutsch-Englisch-Übersetzerin“ (Name von Sprachen)

„Apollo-Raumschiff“ (Name einer Sache)

„Henninger-Turm“ (jedoch: „Henninger Turm“, bei „Henninger“ als Attribut)

„Uhren-Schulze“

„Nordrhein-Westfalen“ (geographische Gebietsbezeichnungen)

„Hamburg-Reportage“

jedoch: „deutschlandweit“

Bei bestimmten Ortsangaben mit Stadtteilen oder Himmelsrichtungen:

„Ost-München“

„West-Berlin“

Grenzfuge zu Akronymen

„FDP-Unterlagen“

„CD-ROM“

Grenzfuge zu Abkürzungen

„Part.-Einreichung“

Grenzfuge zu reifizierten Wörtern

„Wenn-Fragerei“ („wenn“ hat hier nicht seine normale Funktion als Konjunktion)

„Ja-Nein-Frage“ („Ja“ hat hier nicht seine normale Funktion als Partikel)

Grenzfuge zu reifizierten Zeichen

„Dativ-E“ („E“ ist ein Substantiv, das aber nur aus einem Zeichen besteht, und daher ohne Bindestrich kaum erkennbar wäre)
„X-Beine“

Grenzfuge zu Zeichenfolgen

„9,99-Angebot“ („9,99“ ist kein normales Wort, da es ein Komma enthält)

jedoch: „ein 33jähriger“ (Zahl ohne Komma) (Wir hatten die Ziffern oben nicht zu den Wortzeichen gezählt. In bestimmten Fällen können sie aber doch als solche auftreten.)

Grenzfuge zu Phrasen

„7-Bit-Code«

„Rote-Kreuz-Schwester«

„200-Seelen-Dorf“

(Unter einer „Phrase“ verstehen wir hier eine endliche Folge von mindesten zwei Wörtern, zu welcher es mindestens einen korrekten Satz gibt, im dem sie objektsprachlich vorkommt [abgesehen von einer eventuell anderen Groß-/Kleinschreibung].)

Grenzfuge zu Phrasen in Anführungszeichen

„die "Gelbe-Punkt"-Aktion“ (Plenarprotokoll, Deutscher Bundestag, 4. März 1982)

Reifizierung einer Verbalphrase

„Das Wort vom Zur-Tiefe-Gehn“ (Celan)

Offene Komposita

Zur Wiedergabe einer Wortfolge, die in einer fremden Sprache ein offenes Kompositum ist:

„das Assessment-Center“

Klarstellung der Zusammengehörigkeit

„der U-Bahn-Streik“ (nicht: „der U-Bahnstreik“)

Ein „U-Bahnstreik“ wäre ein Bahnstreik, der durch das „U“ näher bestimmte wird. Gemeint ist jedoch ein Streik, der durch „U-Bahn“ näher bestimmt wird. Deswegen muß der Eindruck vermieden werden, daß „streik“ enger zu Bahn gehört als „U“. Hier wird ein Wort, das bereits einen Bindestrich enthält, mit einem Wort ohne Bindestrich kombiniert. Dabei soll das Wort mit dem Bindestrich aber weiter als eine Einheit gelten.

„das Telebrief-Zentrum“ ein Zentrum für Telebriefe

Lesbarkeit

Folgen gleicher Zeichen

Zur Vermeidung von drei gleichen Vokalen in Folge an einer Kompositionsfuge:

„Kaffee-Ersatz“

Vermeidung von Digraphen

„Typ-Herleitung“ (statt „Typherleitung“ mit dem Digraphen „ph“)

Vermeidung von Trigraphen

„Kreis-Chor-Verband“ (statt „Kreischorverband“ mit dem Trigraphen „sch“)

Vermeidung von Fehldeutungen

„Druck-Erzeugnis“ (nicht: „Drucker-Zeugnis“)

„Vers-Ende“ (nicht die Verbform „Versende“)

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